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Maria Rang mit einem Stern auf dem "Walk of Femmes" geehrt
von Alexander Gies
Brrrr, war das kalt! Aber das Zittern und Bibbern auf der zugigen Bahnhofstraße in Fulda hat sich für die kleine antonius-Delegation gelohnt. Bei der Eröffnung des Walk of Femmes lernte sie nicht nur die Lebensstationen von insgesamt 12 beeindruckenden Fuldaer Frauen kennen, die zum Weltfrauentag am 8. März jeweils mit einem Stern geehrt wurden, sie durfte sich auch darüber freuen, dass die Gründerin von antonius, Maria Rang, zu diesem besonderen Kreis gehört.
In Anlehnung an den berühmten Walk of Fame in Hollywood wollte das Frauenbüro der Stadt Fulda mit dieser Aktion „beeindruckende engagierte Frauen sichtbar machen und würdigen, die in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Herausragendes für Fulda und die Region leisten oder geleistet haben“, heißt es in einer Mitteilung des Frauenbüros. Geehrt wurden lebende und bereits verstorbene Persönlichkeiten. Das weibliche Engagement verdeutliche, wie wichtig die Mitwirkung von Frauen in allen relevanten Bereichen des Lebens sei, heißt es aus dem Frauenbüro, für das eine Jury die 12 Frauen aus einem Kreis von 40 Vorschlägen ausgewählt hatte.
Die Frauen, die unter Anteilnahme von etwa 80 bis 100 Gästen geehrt wurden, sind: die gebürtige Afghanin Schabnam Aron-Feros, die Sternenhimmel-Botschafterin Sabine Frank, die ehemalige Frauenbeauftragte Hildegard Hast, Mally Kühn (soziale Angebote für Familien), Edda Langmann (La Leche-Liga), Ingrid Möller-Münch (Forschungen zur Hexenverfolgung), Benediktinerin und Künstlerin Lioba Munz, die iranische Frauen- und Menschenrechtlerin Narges Sarjoughian, die Sozial- und Theaterpädagogin Jessica Stukenberg, Hiltrud Wahl (Helene-Weber-Haus), die frühere Stadtbaurätin Cornelia Zuschke sowie Maria Rang, die vor rund 120 Jahren den Grundstein für das heutige antonius-Netzwerk gelegt hat.
Die Laudatio auf Maria Rang hielt Beate Kann, die stellvertretende Leiterin des Stadtarchivs, die sich überdies seit Jahren ehrenamtlich für antonius engagiert. (Die Laudatio finden Sie am Textende im Wortlaut.) Gertrud Sorg, Stifterin der St.-Antonius-Stiftung und 23 Jahre lang deren Vorsitzende und Stellvertreterin, sowie Erika Mechler nahmen stellvertretend für die antonius-Gemeinschaft eine Rose und ein Präsent entgegen. In einem kurzen Dankeswort bezeichnete Gertrud Sorg Maria Rang als „eine Pionierin der Inklusion“. Rang habe einiges angestoßen, was bis heute viele glücklich mache.
Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Katharina Roßbach sagte, man wolle die Leistungen der Frauen sichtbarer machen, denn im öffentlichen Raum würden ihre Verdienste immer noch zu wenig gewürdigt. So wies sie darauf hin, dass 90 Prozent der Straßen in Fulda, die den Namen einer Person tragen, Männern gewidmet seien. Deshalb seien diese Stern so wichtig, denn „Sichtbarkeit schafft Bilder im Kopf“, sagte Roßbach. Fuldas Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld wertete die Aktion als „ein ermutigendes Signal“. Er erklärte, seit dem ersten Weltfrauentag im Jahre 1911 sei vieles erreicht worden, aber es bedrücke ihn, wenn er beispielsweise Zahlen zu Gewalt in Partnerschaften sehe. Viele Beispiele aus der ganzen Welt zeigten, dass man vielerorts noch weit entfernt sei von gleicher Teilhabe. Die Sterne auf der Bahnhofstraße seien ein gutes Medium, die breite Bevölkerung zu erreichen.
Beate Kann über Maria Rang, geboren 1840, gestorben 1915 in Fulda:
„Maria Rang stammt aus der Urfuldaer Familie Kircher. 1864 heiratet sie den späteren Justizrat Ignaz Rang, mit dem sie fünf Kinder hat. Nachdem im Umfeld der Familie ein Kind geboren wird, das eine Behinderung hat, wird Maria Rang auf die oft unzulängliche Versorgungssituation von Menschen mit Behinderungen in Stadt und Land aufmerksam.
Sie entschließt sich, Menschen mit Behinderung in Fulda und darüber hinaus fürsorglich zu helfen. Denn sie ist davon überzeugt, dass auch Menschen mit Behinderungen lernfähig sind, Stärken und Talente haben und diese nutzen und entfalten können. Sie sollen gefordert und gefördert werden, etwas zu lernen und eine sinnvolle Arbeit zu finden, um damit zu ihrem Lebensunterhalt beizutragen. Auch sollen sie die Chance erhalten, mit anderen in Kontakt zu treten und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Von dieser Idee beseelt gründet die Stifterin 1902 die „St. Lioba-Stiftung“, 1903 eine gemeinnützige GmbH mit Wirtschaftsbetrieben zur Selbstversorgung und zusammen mit den Vinzentinerinnen als Partner die Antonius von Padua Schule. Denn sie will die Ziele und sozialen Aufgaben ihrer Bürgerstiftung auf der Basis von wirtschaftlichen Grundsätzen angehen und die Anstrengungen zur Fürsorge unternehmerisch führen. Seit 1908 bereits weiß Maria Rang, die fest verwurzelt in ihrem christlichen Glauben ist, die Franziskaner vom Frauenberg an ihrer Seite. Sie stellen seither auf ihre Bitten einen Geistlichen für antonius – unverändert bis zum heutigen Tag.
Mit ihrer auch heute noch modernen Sicht auf Menschen mit Behinderung und den Maßnahmen der gemeinnützigen GmbHs hat Maria Rang schon ab 1903 zentrale Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention verwirklicht, die erst mehr als 100 Jahre später in Kraft tritt.
Ihre heute als „Bürgerstiftung antonius : gemeinsam Mensch“ firmierende Stiftung und deren vier gGmbHs gelten längst als Kompetenzzentrum für Inklusion. Sie bieten umfassende Angebote und beraten Kommunen, Investoren und Sozialpartner. Vision und Haltung von Maria Rang als Frau der Tat und des tiefen Verständnisses für mitmenschliches Verhalten haben eine Strahlkraft entfaltet, die bis heute beeindruckt und wirkt.“
Fotos: Alexander Gies