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Gute Chancen auf einen echten Arbeitsplatz
von Christine Reith
Wer heute mit Down-Syndrom geboren wird, der landet nicht mehr automatisch in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Immer häufiger gelingt die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieses Ziel hat auch Ferdinand Kleiss: Nach einem Praktikum bei der Pizzeria Davis möchte der Sechzehnjährige in der Gastronomie arbeiten – oder vielleicht doch in der Altenpflege? Ein Besuch in der Arbeitsschule Startbahn von antonius zum Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März.
Große Fenster, viel Tageslicht. So transparent wie das Gebäude der Arbeitsschule Startbahn ist, so durchlässig wünschen sich die Verantwortlichen dort auch den Arbeitsmarkt. „Wir begleiten junge Menschen mit Behinderung dabei, ihren Platz in der Arbeitswelt zu finden – und zwar bevorzugt in der freien Wirtschaft und nicht in einer ‚Behinderten-Sonderwelt‘“, sagt Claudia Müller-Elskamp. Gute Chancen auf einen solchen Arbeitsplatz sieht die Leiterin der Startbahn auf dem Campus von antonius für ihren Schüler Ferdinand Kleiss.
Stolz darauf, zu arbeiten wie alle anderen auch
Der Sechzehnjährige mit Down-Syndrom besucht seit dem vergangenen Sommer die Arbeitsschule Startbahn und will dort herausfinden, wo seine Stärken liegen und wo er später arbeiten möchte. „Ferdinand kommt von der Antonius von Padua Schule und bringt schon viele Kompetenzen und Fähigkeiten mit“, sagt seine Klassenlehrerin Hannah Einhoff. „Er ist freundlich und begeisterungsfähig, hat viele Interessen und benötigt nur wenig Unterstützung. Vor allem aber hat er einen starken Willen und die Bereitschaft, sich auch anzustrengen.“
Bewiesen hat Ferdinand Kleiss das vor Kurzem bei einem Praktikum in der Fuldaer Pizzeria Davis. „Ich habe dort Pizza belegt, die Gäste bedient und Getränke ausgeschenkt“, erzählt er. „Ich durfte wie jeder andere mitarbeiten und das hat mir viel Spaß gemacht. Am letzten Abend kam meine Familie vorbei und ich habe ihnen Pizza an den Platz gebracht – da war ich richtig stolz.“
Fähigkeiten aufdecken, Potenziale stärken und größtmögliche Teilhabe ermöglichen
Den Gästen offen zu begegnen, ist für Ferdinand Kleiss keine große Herausforderung, er ist gerne unter Menschen. In seinem Heimatort Hofbieber trommelt er im Fanfarenzug, bei antonius spielt er Fußball und macht Bogenschießen, sonntags geht er mit seiner Familie in die Kirche, und bei der Lebenshilfe Fulda macht er mit der Gruppe „Rasselbande“ regelmäßig Ausflüge und Unternehmungen. „Ferdinand ist ein ‚Hans Dampf in allen Gassen‘ und mischt überall mit“, sagt Claudia Müller-Elskamp von der Startbahn. „Seine Eltern haben ihn nie in Watte gepackt, sondern großgezogen wie die anderen Kinder der Familie auch. Und genau dieser normalisierte Umgang kann dazu beitragen, dass die Jugendlichen später leichter ihren Weg gehen und in einer inklusiven Gesellschaft ihren Platz finden.“
Und wie geht es jetzt für Ferdinand Kleiss weiter? Schon bald steht das nächste Praktikum an, wieder im Service, dieses Mal im Lothar-Mai-Haus. Bis zum Sommer muss der Jugendliche sich dann entscheiden, ob er für die nächsten zwei Jahre an der Startbahn den Schwerpunkt Lebensmittel und Service wählt – oder sich doch für den Bereich Hauswirtschaft und Soziales entscheidet, denn auch in die Altenpflege hat er schon hineingeschnuppert und daran Gefallen gefunden. Zum Glück hat er noch Zeit, um herauszufinden, wo weitere Stärken und Talente liegen, und um neue, zusätzliche praktische Erfahrungen zu sammeln. Entscheidet er sich später für eine Ausbildung oder Teilausbildung in einem externen Betrieb, wird dieser durch die pädagogischen Fachkräfte vom Unternehmernetzwerk Perspektiva unterstützt.
Veranstaltungstipp: Gottesdienst zum Welt-Down-Syndrom-Tag
Die Lebenshilfe Fulda und der Elternkreis Down-Syndrom Fulda veranstalten zum Welt-Down-Syndrom-Tag am Donnerstag, 21. März 2024, um 17.30 Uhr einen Gottesdienst in der St. Andreas Kirche Neuenberg. Zelebrant ist Prof. Dr. Cornelius Roth in Vertretung für Bischof Dr. Michael Gerber. antonius ist Kooperationspartner.
Den internationalen Aktionstag gibt es seit 2006, seit 2012 ist er von den Vereinten Nationen anerkannt. Er findet jedes Jahr am 21.3. statt. Ziel ist es, zum Thema Down-Syndrom aufzuklären und Inklusion zu fördern. Beim Down-Syndrom handelt es sich um eine genetische Veränderung im „Bauplan“ unserer Zellen: Das Chromosom 21 ist dreifach statt zweifach vorhanden, wodurch sich die Chromosomenzahl der Körperzellen von 46 auf 47 erhöht. Wie sich die genetische Grundausstattung auf die Entwicklung des jeweiligen Menschen auswirkt, ist völlig unterschiedlich. Menschen mit Down-Syndrom können geistig und körperlich schwer behindert sein, andere sind körperlich gesund und durchschnittlich intelligent.
Foto: Steffen Waßmann