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Ein würdiger Ort des Gedenkens: antonius weiht Friedhof neu ein

von Christine Reith

Der Tod gehört zum Leben. Daher ist es für antonius eine Herzensangelegenheit, einen eigenen Friedhof zu pflegen, der selbstverständlicher Teil des Hauptgeländes ist. Hier – quasi mitten im Quartier – können Menschen aus der antonius Gemeinschaft ihre letzte Ruhe finden. Nach einer Neugestaltung hat antonius die Begräbnisstätte am Sonntag nach Allerheiligen und Allerseelen, 3. November 2024, mit einer Feierstunde eingeweiht. Die neue Stiftung Heimathafen von antonius unterstützt den Friedhofsumbau.

Lange Zeit bot der Friedhof auf dem Hauptgelände von antonius keinen schönen Anblick mehr. Vor über 90 Jahren angelegt, war das Gelände in die Jahre gekommen. Um den Friedhof wieder in einen angemessenen und würdevollen Ort des Abschiednehmens und Erinnerns zu verwandeln, wurde dieser von August 2022 bis Oktober 2024 grundlegend erneuert.

Mit einem Gottesdienst und einer Gräbersegnung hat die antonius Gemeinschaft den besonderen Gedenk-, Gebets- und Begegnungsort mit seinen rund 90 Gräbern am Sonntag, 3. November 2024, neu eingeweiht. Zu der Eucharistiefeier in der antonius Hauskapelle, bei der die antonius Gemeinschaft Kerzen für alle im vergangenen Jahr Verstorbenen angezündet hatte, und zur anschließenden Friedhofseinweihung waren neben dem antonius Führungsteam und den Vorständen der St. Antonius-Stiftung sowie der Bürgerstiftung antonius : gemeinsam Mensch auch viele Mitarbeitende, Angehörige von Verstorbenen, Nachbarn und am Umbau Beteiligte gekommen.

„Garten der Erinnerung“

antonius-Geschäftsführerin Silke Gabrowitsch begrüßte die vielen Gäste und betonte die Bedeutung des Friedhofs für antonius: „Wir sind sehr froh, diesen Ort zu haben. Denn so können Menschen, die teilweise ihr gesamtes Leben in unserer Gemeinschaft verbracht haben, auch bei uns beigesetzt werden. Wie ein Garten der Erinnerung und Besinnlichkeit soll der Friedhof auch ein Ort der Begegnung werden, der an die Kostbarkeit des Lebens erinnert und die Gemeinschaft stärkt.“

Peter Sichau, Architekt und Stadtplaner vom mit dem Umbau beauftragten Büro Sichau & Walter, sagte: „Seit mehr als 20 Jahren dürfen wir antonius bei Bauprojekten begleiten, doch heute feiern wir die Fertigstellung des vielleicht wichtigsten Projekts überhaupt. Im Tod – und daran erinnert uns dieser Friedhof – sind alle Menschen gleich, so wie sie es auch bei der Geburt sind. Und es war die Vision von der Gleichheit der Menschen, mit der Maria Rang den Grundstein für antonius legte und die heute noch wegweisend für antonius ist. Daher hat der Friedhof eine ganz besondere Bedeutung im Quartier. Ich kenne bundesweit keine andere Einrichtung dieser Art, die den gesellschaftlichen Auftrag der Inklusion so ernst und verantwortungsvoll verfolgt wie die Bürgerstiftung antonius – und das ganz im Sinne der Gründerin Maria Rang, die in direkter Tradition steht zur Heiligen Elisabeth, Heiligen Hedwig und Heiligen Theresa.“

Generaloberin Schwester Birgit Bohn von den Barmherzigen Schwestern im Mutterhaus Fulda zeigte sich gerührt von der großen Wertschätzung, mit der antonius den Menschen – ob lebend oder tot, mit oder ohne Behinderung – begegne. Das gelte auch für die Art und Weise, wie die vinzentinischen Schwestern, deren Namen auf Gedenktafeln auf dem neuen Friedhof verewigt sind, für immer einen würdevollen Platz auf dem Friedhof innehätten.

Eine Bläsergruppe begleitete die stimmungsvolle Feierlichkeit und spielte auch, während Pater Thomas zusammen mit seinen Messdienern das Areal und jedes einzelne Grab segnete.

Keine Verschönerungsmaßnahme, sondern notwendige Restaurierung

„Der Friedhof ist ein wichtiger Bereich vom Zusammenleben in Geschichte und Gegenwart von antonius“, sagte der antonius Seelsorger Pater Thomas. „Er ist wie ein Geschichtsbuch, das immer weitergeschrieben wird. Und zugleich ein friedvoller Ort mit Raum für Erholung und Ruhe, für Wachsen und Werden und Vergehen.“ Der Umbau sei keine reine Verschönerungsmaßnahme, sondern notwendig, um die Würde des Ortes aufrechtzuerhalten.

„Ein eigener Friedhof ist für uns ein großes Privileg“, hebt auch Rainer Sippel, Vorstand der Bürgerstiftung antonius : gemeinsam Mensch, hervor. „Und zugleich eine Verpflichtung. Mit der notwendig gewordenen Anpassung an den aktuellen Stand werden wir dieser Verantwortung auch für die kommenden Jahrzehnte gerecht.“

Einfach und ehrlich

Die Bauarbeiten auf dem Friedhof stehen im Zusammenhang mit den Bestrebungen von antonius zur Öffnung des Areals zu einem Quartier für alle Menschen. Der Friedhof, dessen Fläche etwa um ein Viertel vergrößert wurde, geht über in einen geplanten Baumhain zwischen den neuen Gartenhäusern und dem übrigen Campus von antonius. „Wir wollen damit quasi unsere Verstorbenen in den Kreis unserer Gemeinschaft holen, so wie es früher auf dem Dorf mit den Friedhöfen rund um die Kirche selbstverständlich war. Denn zu einer Gemeinschaft gehören auch die Verstorbenen dazu“, betont Pater Thomas.

Um den Friedhof nach außen zu öffnen, hat das Bau-Team die umgebende meterhohe Hecke entfernt und durch eine halbhohe Mauer aus Rhöner Naturstein ersetzt, die auch Pflanzen und Tieren Lebensraum bieten soll. So ist der Friedhof als heiliger Ort zwar weiterhin umfriedet und geschützt, zugleich aber nicht so abgeschottet wie früher.

Die Gestaltung selbst bleibt im vinzentinischen und franziskanischen Sinne einfach, auch deshalb hat man sich am Friedhof auf dem Frauenberg orientiert: Wiesen mit schlichten Grabstätten, bestehend aus einheitlichen Grabsteinen und gleichgroßen, durch Steine eingefasste Grabbeete, die Angehörige oder die antonius Gärtnerei bepflanzen.

Neugesetzte Bäume und Büsche sorgen für Schutz und Grün, mehrere Bänke geben Gelegenheit für Kontemplation und Begegnung. Neben Gräbern für die Erdbestattung wurde auch ein Urnenfeld angelegt, Wege umgestaltet und das Kreuz an einer neuen Stelle platziert.

Eine Leichenhalle wird es nicht geben: „Wir bahren bei Beerdigungen Urne oder Sarg in unserer Kapelle auf und gehen dann zusammen als Gemeinschaft den kurzen Weg zum Friedhof“, beschreibt es Rainer Sippel. Beisetzungen bei antonius empfindet er als ausgesprochen authentisch, natürlich und menschlich: „Es sind keine steifen, überritualisierten Handlungen, sondern es ist ein sehr ehrliches Trauern um einen Menschen aus unserer Mitte. Man weint, weil man wirklich traurig ist, erzählt Geschichten oder von gemeinsamen Erlebnissen – das hat mich schon immer sehr berührt.“

So verlief der Umbau

Für den Friedhofsumbau wurden alle Gräber an der Oberfläche abgeräumt. Dabei fanden weder Grabungen noch Grabumbettungen statt, die Totenruhe war stets gewahrt. Jedes Grab war vorab gründlich vermessen und dokumentiert worden, damit die neuen Grabsteine exakt an der richtigen Stelle platziert werden konnten.

Vor Kurzem wurden neue einheitliche Grabsteine mit Namen und Lebensdaten aufgestellt – insgesamt an 90 Gräbern. Diese sind mit einem Rahmen aus Stein umgeben, damit eine individuelle Bepflanzung möglich ist.

Organisiert hat die Umgestaltung die Abteilung Bau und Haustechnik in enger Zusammenarbeit mit der antonius Seelsorge, vor allem mit Seelsorger Pater Thomas. Die Planung übernahmen das Fuldaer Architekturbüro Sichau & Walter sowie das Landschaftsarchitekturbüro foundation 5+ aus Kassel. Die Arbeiten führten regionale Bau- und Handwerksunternehmen aus, alle Begrünungsarbeiten übernahm die antonius Gärtnerei.

Der antonius Friedhof als Ruhestätte für Mitarbeitende und Bewohnerinnen und Bewohner

antonius ist nicht nur ein reiner Ort zum Leben und Arbeiten, sondern für viele Menschen Wirkungsstätte, Lebensmittelpunkt und soziale Gemeinschaft. „Wer hier im Leben dazugehört hat, soll es auch nach dem Tod tun können“, sagt Pater Thomas. „Anders als auf anonymen Großfriedhöfen wissen wir hier ganz genau, welcher Mensch in welchem Grab liegt und pflegen die Erinnerung an ihn in besonderer Weise. Ich finde: Wir können uns glücklich schätzen, dass wir unseren eigenen kleinen Quartiers-Friedhof haben und ihn als friedlichen Ort auch für die Lebenden gestalten konnten.“

Bestattet werden kann hier jeder Mensch, der antonius in besonderer Weise verbunden war – etwa, weil er hier im Quartier lebte oder arbeitete. Die neue Friedhofsordnung sieht ein Nutzungsrecht von 25 Jahren für eine Grabstätte vor, eine Verlängerung ist auf Wunsch möglich. Nach Ablauf der Ruhezeit wird die Ruhestätte abgeräumt und eingeebnet. Der Grabstein wird aus Gründen der Nachhaltigkeit wiederverwendet, und die Daten des oder der Verstorbenen werden auf zentralen Gedenktafeln für die Nachwelt bewahrt – das ist auf anderen Friedhöfen unüblich und eine Besonderheit bei antonius.

In der Nähe des zentralen Kreuzes hat das Friedhofs-Team dazu Tafeln mit den Namen aller bisher hier Bestatteten neu angebracht: Drei Tafel für die vinzentinischen Schwestern sowie 17 Tafeln für die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers und Externe. Insgesamt rund 200 Namen sind hier vermerkt.

Im oberen Friedhofsbereich erinnert eine Gedenktafel an die Menschen von antonius, die während des Zweiten Weltkrieges deportiert und ermordet wurden. So ist erstmals ein zentraler Ort für das Gedenken an die NS-Opfer bei antonius geschaffen, als Ergänzung zu einer kleinen Gedenktafel am Ausgang des Hauptgebäudes.

Inklusion heute bedeutet auch, selbst vorzusorgen

Selbst wenn der Gedanke an das Lebensende schmerzlich sein kann: Selbstverantwortlich für das eigene Alter und den eigenen Tod vorzusorgen, ist wichtig – auch für Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Angehörigen oder gesetzlichen Vertreter. Mit einer Bestattungsvereinbarung können Menschen mit Behinderungen bereits zu Lebzeiten Klarheit bringen in die Frage, was nach dem Tod passieren soll, wo man beerdigt sein möchte oder wer die Beerdigung oder Grabpflege übernimmt. Das Seelsorgeteam, die Teilhabeberatung oder die Mitarbeitenden vom Bereich Wohnen bei antonius sind hierfür dir richtigen Ansprechpersonen.

Die Stiftung Heimathafen von antonius ermöglicht Menschen mit Behinderungen, die aus eigener Kraft finanziell dazu nicht in der Lage sind, eine würdevolle letzte Lebensphase einschließlich Palliativversorgung, Abschiednahme, Begleitung im Sterben, Beerdigung, Grabpflege und Gedenken. Dafür ist die neugegründete Stiftung auf Spenden angewiesen – auch für neue Grabsteine oder Tore für den antonius Friedhof. Denn ganz fertig sind die Arbeiten am neuen Gelände aus Kostengründen noch nicht. 

„CHARTA Friedhofskultur“: Bekenntnis zum Wert von Friedhöfen

antonius ist neu der „CHARTA Friedhofskultur“ beigetreten. Das Manifest haben wichtige Institutionen und Verbände im deutschen Friedhofswesen erarbeitet, um die Bedeutung von Friedhöfen als Orte des Abschiednehmens und der Erinnerung zu verdeutlichen und zu sichern. Die elf Leitsätze der Charta orientieren sich an den Zielsetzungen des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO. Der erste Leitsatz lautet: „Jeder Mensch hat das Recht auf eine würdevolle Bestattung auf dem Friedhof und ein anerkennendes Gedenken.“ Für antonius eine Selbstverständlichkeit.

Bilder: Ralph Leupolt

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