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Down-Syndrom … Was ist das eigentlich? - Zwei Kolleginnen berichten von ihren Alltagserfahrungen
von Rahel Schmitt und Maike Zink (antonius LadenCafé)
Hallo, wir sind Rahel Schmitt und Maike Zink und arbeiten im antonius LadenCafé. Ich, Rahel, habe das Down-Syndrom, ebenso Maikes Bruder. Mit diesem Bericht wollen wir durch unsere persönlichen Beiträge zeigen, dass die Diagnose Down-Syndrom kein Weltuntergang ist. Es bedeutet nicht, dass man ein unglückliches Leben führen muss. Im Gegenteil, Menschen mit dieser Einschränkung sind oftmals unbeschwert und nehmen das Leben, wie es kommt. Wir haben uns gedacht, dass wir durch unsere unterschiedlichen Perspektiven auf das Down-Syndrom einen guten Eindruck über das Thema vermitteln können. Darum haben wir das folgende Gespräch für euch geführt.
Maike: Rahel, erzähl unseren Lesern doch mal ein bisschen über dich.
Rahel: Ich bin 28 Jahre alt und arbeite im antonius LadenCafé. Ich wurde mit dem Down-Syndrom geboren. Nur weil ich ein Down-Syndrom habe, heißt das nicht, dass ich nix kann. Man kann alles schaffen, wenn man daran glaubt.
Ich habe in meinem Leben schon viel gelernt. Zu meinen Stärken gehören das Häkeln, Sticken, Tanzen und dass ich schnell Dinge lernen kann. Zu meinen Hobbys zählt das Skifahren, das Gitarre- und Flötespielen, das Malen und das Lesen. Zusätzlich backe und koche ich sehr gerne. Ihr seht, ich habe meine Träume erfüllen können.
Hauptberuflich arbeite ich, wie gesagt, im antonius LadenCafé, um genau zu sein im Werkraum. Dort kann ich meinem Hobby von Sticken nachgehen. Momentan arbeite ich an einem Tischläufer, in den ich Blumen hineinsticke.
Ich bin bei antonius auch im NachrichtenWerk mit Leichter Sprache beschäftigt. Einmal in der Woche arbeite ich im Café und dort helfe ich dir, Maike, beim Kuchenbacken. Privat bin ich glücklich. Ich habe einen Verlobten.
Und wie ist das bei dir, Maike?
Maike: Ich bin 25 Jahre alt und arbeite seit 2015 bei antonius. Im letzten Jahr habe ich meine Ausbildung als Heilerziehungspflegerin erfolgreich abgeschlossen. Seit August 2020 arbeite ich im antonius LadenCafé in der Innenstadt.
Als du mit dem Wunsch auf mich zugekommen bist, einen Bericht über das Down-Syndrom zu schreiben, habe ich mich gefreut. Da ich selber einen 22-jährigen Bruder mit dem Down-Syndrom habe, konnte ich mich mit diesem Thema gut identifizieren. Aus der Sicht der älteren Schwester nehme ich die Situation natürlich anders wahr, als eine Person, die selbst davon betroffen ist.
Rahel: Magst du vielleicht mal erklären, was das Down-Syndrom eigentlich ist?
Maike: Zu Beginn ist zu sagen, dass das Down-Syndrom keine Krankheit, sondern eine Veränderung des Erbguts ist! Der Grundstein für das Down-Syndrom liegt bereits am Anfang einer Schwangerschaft. In dieser Zeit teilen sich die Zellen immer und immer wieder. Beim Down-Syndrom ist es so, dass sich die Zellen nicht richtig geteilt haben; das 21. Chromosom ist dreimal vorhanden. Deswegen nennt man das Down-Syndrom auch Trisomie 21.
Es gibt Merkmale, an denen man Menschen mit Down-Syndrom erkennen kann. Zum Beispiel sind sie oft klein, haben mandelförmige Augen oder ein rundes Gesicht. Manche werden mit einem Herzfehler geboren und müssen operiert werden, im Zuge dessen kann beispielsweise eine Narbe zurückbleiben. Andere haben wegen ihrer großen Zunge Probleme mit dem Sprechen.
Jeder ist anders, jeder hat Stärken und Schwächen aber jeder Mensch ist einzigartig, so wie er ist. Rahel, was meinst du: Wird man mit dem Down-Syndrom anders behandelt?
Rahel: Ich habe nicht den Eindruck, dass ich anders behandelt werde. Ich merke, dass man mich mag und man mich schätzt.
Was denkst du als Schwester denn darüber?
Maike: Ich habe bereits im Kindergartenalter gemerkt, dass man mich wegen meines Bruders anders behandelt hat. Während meiner Schulzeit musste ich mich vor Lehrern rechtfertigen, ob es für mich denn kein Problem sei, dass mein Bruder das Down-Syndrom hat, es wäre schließlich eine große Einschränkung. So habe ich das allerdings nie gesehen.
Ich finde meinen Bruder, so wie es ist, genau richtig und würde ihn für nichts auf der Welt eintauschen wollen. Im Bezug auf meine Arbeit als Heilerziehungspflegerin kommt es mir hingegen zugute und ich kann meine Erfahrungswerte in meinen Berufsalltag einbringen.
Was ich schon immer mal wissen wollte: Hast du das Gefühl, dass dich die Leute auf der Straße anders angucken?
Rahel: Finde ich jetzt überhaupt nicht, also sie gucken mich schon an aber mehr im positiven Sinne. Es hat noch keiner gesagt: „Boah, wie sieht die denn aus!“
Aber in meiner Schulzeit haben manche schon gemeine Sachen über mich gesagt.
Maike: Ich habe das gefragt, weil die Leute, wenn ich mit meinem Bruder unterwegs bin, immer mal zu uns schauen – das finde ich aber völlig in Ordnung. Man gewöhnt sich mit der Zeit daran.
Hat die Trisomie 21 eigentlich Auswirkungen auf dein Privatleben?
Rahel: Ich bin sehr glücklich mit meinem Leben, weil ich jemanden habe, der mich glücklich macht. Ich habe viele Freunde. Ich gehe selbstständig freitags zum Häkeln in das Café Glück.
Maike: Das ist schön. Ich beobachte schon ein paar Auswirkungen. Die Menschen, die mir nahstehen und mir viel bedeuten, haben kein Problem mit der Behinderung meines Bruders. Für mich ist das eine Voraussetzung für eine gute Freundschaft oder eine Partnerschaft. Das Leben mit meinem Bruder hat mich letztendlich dazu gebracht, Heilerziehungspflegerin zu lernen. Während meiner Zeit bei antonius habe ich viele tolerante und liebe Menschen kennenlernen dürfen.